Bundestagsrede zur Ausweitung des Energieangebots

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Spahn, wir haben uns schon wieder – diese ganze Runde – über Lösungsoptionen für gut 5 Prozent der Versorgungssicherheit – um diese geht es nämlich – unterhalten und damit 95 Prozent der Zeit verschwendet. Das werde ich nicht fortsetzen.

Ausgerechnet die AfD beklagt die vorgebliche „Uneinigkeit in der Regierungskoalition“; so heißt es im Titel der von der AfD beantragten Aktuellen Stunde. Ja, unterschiedliche Auffassungen gehören nun einmal zur Demokratie, so ist das. Und ja, auch innerhalb einer Koalition wird um gute Lösungen gerungen. Das mag der AfD suspekt sein. Schließlich werden dort die Auseinandersetzungen meist nicht inhaltlich ausgetragen. Sie zerstreiten sich immer wieder persönlich, verschleißen seit Ihrer Gründung einen Parteivorsitzenden nach dem anderen, schrumpfen regelmäßig Ihre Fraktionen auf allen Ebenen. Einigkeit bei der AfD? Wohl kaum!

Mit der Sache aber beschäftigt sich die AfD so gut wie nie; denn sonst hätten Sie gemerkt, dass Atomkraftwerke eben nicht verlässlich zur Versorgung oder gar deren Sicherheit beitragen.

Stattdessen ist das Desaster der westeuropäischen Atomkraftwerke neben der Verknappung beim Gas durch den Angriffskrieg Putins das maßgebliche Problem für die vernetzte europäische Stromversorgung, die zum Glück vernetzt ist und nicht nur auf nationaler Ebene funktioniert. Heute vor zwei Stunden waren ganze 44 Prozent der französischen AKW-Leistung am Netz. Zuverlässig? Nein, das sähe anders aus.

Sie hätten gemerkt, dass es die Ampel trotz der Einstellung der Gaslieferungen aus Russland geschafft hat, dass die Gasspeicher schon jetzt zu fast 100 Prozent gefüllt sind und so auch die Preise für den Gasimport sinken. Schauen Sie hin: Es geht voran!

Sie hätten gemerkt, dass die Koalition 200 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds bereitstellen wird, um niemandem wegen hoher Wärme- und Strompreise zahlungsunfähig werden zu lassen, keine Mittelstandsunternehmen und auch keine Industrieunternehmen.

Sie hätten gemerkt, dass wir die kluge Entscheidung getroffen haben, die Kohlekraftwerke im nötigen Maß vorübergehend ans Netz zu nehmen, aber auch – denn der Klimawandel wartet nicht – das Aus der Kohleverstromung bis 2030 ansteuern.

Das BMWK hat inzwischen mehr als 50 Gesetze und Verordnungen auf den Weg gebracht, die allesamt nötig sind, um möglichst unbeschadet durch die jetzige Situation zu kommen. Wir stärken die Energieeffizienz und bauen die Erneuerbaren massiv aus, so wie noch nie. Leider hat Herr Merz heute Morgen im Deutschlandfunk wieder so getan, als wenn das alles nicht ginge. Er wünscht sich durch die Aufrechterhaltung des Betriebs der AKWs das Ausbremsen der Windenergie; ganz klar.

Der einsetzende Boom bei der Photovoltaik ist beeindruckend und wird zurzeit nur durch die mangelnde Verfügbarkeit von Technik und Installateuren ausgebremst. Der Boom ist kein Wunder: selbsterzeugt für 10 Cent pro Kilowattstunde Strom, selbstverbraucht – das ist eine geniale Sache –, steuerlich absolut vereinfacht, gemeinsam vom gelben Finanzministerium und grünem Wirtschaftsministerium auf den Weg gebracht. Das ist eine gewaltige Verbesserung; so erfolgreich, dass selbst in der Partei am rechten Rand zumindest einige ab und zu vom Solarstrom schwärmen, um dann aber kurz danach wieder das „Ende der Energiewende“ auszurufen. Wie passt das zusammen? Natürlich gar nicht. Aber Postfaktikern ist das doch egal.

Was also ist mit „Uneinigkeit“ im Titel dieser Aktuellen Stunde gemeint? Ja, in der Tat kam das klare Bekenntnis, das nötige Geld in die Hand zu nehmen, dass Menschen und Unternehmen ihre Energierechnungen bezahlen können, reichlich spät. Es ist absolut richtig – das hat Robert Habeck schon immer gesagt –: Vernachlässigungen von Investitionen in der Realität in Bildung, Infrastruktur, Klimaschutz und Sozialem sind genauso schädlich wie Schulden in den Büchern. Gesellschaftlicher Zusammenhalt und unsere zu erhaltenden Wirtschaftsstrukturen sind knallharte Realität. – Daher Dank auch an den Finanzminister, dass nun – ich muss sagen: endlich! – das Geld da ist, um Haushalte und Unternehmen zu entlasten, Dank vor allem an die Menschen, Unternehmen und Stadtwerke bei mir in Sachsen, die mich in meinen Forderungen in den letzten Monaten auch schriftlich immer stärker unterstützt haben.

Oder meint die AfD den Umgang mit den AKWs? Darüber wurde auch wieder so viel geredet. Dass die drei Ampelparteien hier unterschiedliche Einschätzungen haben, ist doch nun bekannt. Wir Grünen haben die Notreserve für zwei AKWs vorgeschlagen, die es angesichts der Mangellage im Süden, nah an Frankreich, wirklich braucht. Wir stellen sicher, dass die AKWs gut vorbereitet sind, damit sie auch wirklich durch den Winter kommen und nicht der Profitmaximierung dienen.

Für den Einsatz des AKW Emsland sehe ich aber keinen fachlichen Grund. Vielmehr twittert ein SPD-Kollege, dass so die Windräder im Norden ausgebremst werden, schon jetzt müssten jährlich 5 Terawattstunden Windstrom abgeregelt werden. Aber in der Debatte mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien, wird deutlich: Wir wahren immer ein Mindestmaß an Sachlichkeit, an Sachorientierung.

Wir unterscheiden uns damit von denen, die in Wirklichkeit Schaden für das Land wünschen – da bin ich voll bei Ihnen, Herr Spahn –, weil das deren politisches Geschäftsmodell ist.

Wir werden nun konkret die finanziellen Entlastungen auf den Weg bringen, sehr schnell bei Gas und Wärme insgesamt. Etwas komplizierter ist das – das müssen wir den Menschen auch so ehrlich sagen, damit es keine Brüche gibt – beim Strom. Aber auch dort werden wir liefern und noch dieses Jahr und rückwirkend für 2022 massiv entlasten.

Bitte schließen wir dazu die Reihen unter uns Demokraten. Bei aller berechtigten und manchmal auch nötigen Uneinigkeit in der Sache: Das gehört zur Demokratie.

Herzlichen Dank!

Es gilt das gesprochene Wort.

Die Rede kann auch als Video in der Mediathek des Deutschen Bundestages HIER abgerufen werden.

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