Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Menschen in den Regionen!
Beschimpfungsorgien gegen alle, die um einen sozial gerechten Strukturwandel ringen, lösen nicht eins der Probleme.
Herr Müller, Lautstärke ersetzt keine starke Argumentation. Ich möchte versuchen, auf Ihre Argumente einzugehen. Gerade am Mittwoch dieser Woche wurde der Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung vorgestellt. Als eine der zentralen Botschaften konnten wir festhalten, dass die wirtschaftliche Entwicklung im Osten stärker anzieht und sich damit dem westdeutschen Niveau weiter annähert.
Das freut mich natürlich sehr.
Schließlich gab es einst das heute in der Tat naiv anmutende Versprechen blühender Landschaften. Bei Lichte betrachtet schlösse schon dieses Versprechen einen Kohleausstieg ein; denn wo Tagebaue klaffen, da blühen keine Landschaften.
Und wo ganzen Regionen das Wasser fehlt, erst recht nicht. Aber diese Herausforderungen sind lösbar. Wir haben eine gemeinsame Vision, nämlich dass die Strukturwandelregionen in ihrer Vielfalt blühen und gerade dort die Wirtschaft wächst.
Wie aber lassen wir diese Vision wahr werden?
Wir scheinen uns in einem ja einig zu sein: Die Kohlebeschäftigten und überhaupt die Menschen in den Braunkohlerevieren brauchen Verlässlichkeit und Klarheit. Aber das heißt doch eben nicht, dass wir den Menschen Dinge versprechen, die wir nicht halten können, indem wir einen punktgenauen Kohleausstieg Ende 2038 vorgaukeln. Wer so was sagt, der lügt die Menschen dort an. Wir haben es nicht in der Hand; denn als Politik ist der genaue Kohleausstiegszeitpunkt eben nicht genau vorherzusagen.
Wir haben das nicht mehr in der Hand, muss man genau genommen sagen; denn wir Bündnisgrünen hätten den Ausstieg den wirtschaftlichen Realitäten entsprechend gern ordnungsrechtlich vorgezogen, hätten so Klarheit für die Regionen und für die Beschäftigten geschaffen. Gerade die sächsische Union aber wehrt sich bis heute mit allen Mitteln dagegen, den Kohleausstieg ordnungsrechtlich vorzuziehen. Anstatt der Realität in die Augen zu blicken, überlassen Kretschmer und Co die Region lieber der Willkür des Marktes.
Wir stehen halt für Planungssicherheit!
Ich finde das nicht zum Lachen.
Denn es gilt: Die Kohleverstromung endet, wenn sie unwirtschaftlich wird. Wenn die Kohleverstromung unwirtschaftlich wird, wird das Ende abrupt kommen, und das wird absehbar deutlich vor 2038 sein.
Energie aus Wind und Sonne verdrängt schon heute mehr und mehr die Braunkohle vom Markt. Mit wie viel Vorlauf die Kohlekonzerne, denen Sie nach dem Munde reden, Herr Hilse, den endgültigen Kohleausstieg ankündigen, das weiß leider niemand – nicht Sie, Herr Müller, und nicht ich. Das ist auch der wahre Grund für die Verunsicherung der Menschen in den Regionen. Erzählen wir ihnen nichts anderes.
Schauen wir nach vorn und zur Renaturierung nach der Kohle. Ihr Antrag fordert, dass diese Maßnahmen finanzierbar sein müssen. Dazu gibt es zwei zentrale Hebel.
Erstens. Wir müssen das Verursacherprinzip stark machen und dafür sorgen, dass LEAG und MIBRAG ihrer Verantwortung gerecht werden. Aber genau dazu höre ich – für mich nicht mehr verwunderlich – von der Union null Komma nichts, und das, obwohl die LEAG gerade so umstrukturiert wird, dass das profitable Geschäft mit den Erneuerbaren nicht für die Kohleschäden haftet.
Trotzdem wollte die Union an den Entschädigungszahlungen von 1,7 Milliarden Euro festhalten – ein Betrag, der vollkommen intransparent ist und offenbar auch viel zu hoch war.
Aber jetzt hat die EU-Kommission dort eingegriffen und so allen Steuerzahlenden voraussichtlich eine halbe Milliarde Euro eingespart, was sonst an die Konzerne gegangen wäre und nicht an das Gemeinwesen.
Wir Bündnisgrüne arbeiten an einer Braunkohlefolgenstiftung, die helfen kann und in die die Bergbauunternehmen einzahlen.
Zweitens. Ich halte es, freundlich formuliert, für ausgesprochen unwahrscheinlich, dass die Rückstellungen für die Rekultivierung ausreichen. Alles, was wir an weiteren Schäden vermeiden, spart also Steuergeld. Der beste Schritt dafür ist, möglichst konzentriert und zügig aus dem Kohlestrom auszusteigen. Aber auch da scheint manchmal Verwirrung zu bestehen. Der Kohlebergbau und nicht dessen Ende ist für die Schäden in der Landschaft und am Wasserhaushalt verantwortlich.
Massiv wurde Wasser aus den Revieren abgepumpt, allein in der Lausitz in den letzten Jahren 58 Milliarden Kubikmeter. Das ist so viel Wasser, wie die zehn größten deutschen Seen fassen.
Anstatt also den Kohlekonzernen unter die Arme zu greifen, sollte unser Steuergeld besser für den Strukturwandel in die Regionen fließen.
Um den Wandel zu stärken, hat das BMWK ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, das inzwischen auch von den ostdeutschen Ländern bestätigt ist; Michael Kellner sprach zur Flexibilisierung der Mittel. Auch wird es jetzt endlich möglich, Direktinvestitionen bei Unternehmensansiedlungen zu fördern, vor allem auch bei Transformationstechnologien. Sehr wichtig: Wir starten jetzt für zehn weitere Schienenprojekte die Planungen. Wir sorgen für eine bessere Förderung des ÖPNV – vor allem bei der Bahn. Das ist doch mal was, was den Leuten in den Regionen wirklich hilft. Das ist die Saat, die wir legen.
Arbeiten Sie gern mit uns weiter am Kohleausstieg und echten blühenden Landschaften, in denen auch in diesem Sommer für uns und Sie alle die Sonne scheinen möge.
Eine gute Zeit und vielen Dank.