Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zum wiederholten Mal debattieren wir hier über das Thema Atomkraft. Wäre es nicht gefühlt die zehnte Debatte dazu seit dem längst vollzogenen Atomausstieg, würde ich mich inhaltlich tiefer damit befassen. Nein, liebe Abgeordnete der demokratischen Fraktionen, es ist nicht unsere Aufgabe, das Thema Atomenergie immer und immer wieder neu aufzurollen, wo doch alle
relevanten Akteure vom Verbraucherschutzbereich bis hin zu den Wirtschaftsverbänden, darunter die drei sächsischen Industrie- und Handelskammern aus meinem Bundesland, ganz klar feststellen, dass Atomenergie eben keine Lösung ist. Die Bereitstellung neuer Kapazitäten würde nicht nur viel zu lange dauern, sondern auch unsere Finanzen sprengen, alles Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger.
Die AfD aber reitet erneut das tote Pferd Atomkraft, ein längst gescheitertes Konzept. Leider schließen sich einige Fraktionen hier im Plenum diesem Irrweg an – ob aus Populismus oder Unwissenheit? Man kann nur mutmaßen.
Von mir nur ein paar wenige Fakten. Die Strompreise fallen seit April 2023 stetig, sowohl im Großhandel als auch inzwischen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Für Neuabschlüsse finden sich etliche Strompreisangebote zwischen 26 und 28 Cent pro Kilowattstunde. Das ist noch preiswerter als Anfang 2021, und das nicht trotz, sondern wegen des Atomausstiegs; denn durch diesen haben die preiswerteren Erneuerbaren endlich wieder an Schwung gewonnen.
Der Strom aus Wind und Sonne hat den weggefallenen Atomstrom längst ersetzt und löst auch den Kohlestrom stetig ab, dessen Menge so gering ist wie seit 1965 nicht mehr. Ja, der von CDU-Kanzlerin Merkel und der FDP einst beschlossene Atomausstieg war richtig – und endgültig. Alles andere dazu wurde längst x-mal gesagt. Ich langweile Sie damit nicht mehr.
Noch kurz zum Thema „Wiedereinstieg in die Atomkraft“. Nun ja, es gibt in Westeuropa dazu nur drei, allesamt hochproblematische Beispiele. Lassen Sie mich etwas zu zweien davon sagen. Beispiel eins: Flamanville 3 in Frankreich. Baubeginn 2007, Inbetriebnahme geplant 2012, aber bis heute, 2024, noch nicht am Netz. Geplante Kosten einst 4 Milliarden Euro; mittlerweile sind sie auf mehr als das Dreifache, nämlich auf 13 Milliarden Euro, explodiert. Beispiel zwei: Olkiluoto 3 in Finnland. Baubeginn 2005, Inbetriebnahme geplant bis 2009, tatsächlich erfolgt im Jahre 2023. Geplante Kosten von 3 Milliarden Euro haben sich auf 11 Milliarden Euro fast vervierfacht. Dazu kommen schon jetzt monatelange unplanmäßige Abschaltungen ohne Stromproduktion. – Ich lasse das mal so stehen; die Zahlen sprechen für sich.
Der Atomstrom aus neuen AKWs kostet mindestens 15 Cent pro Kilowattstunde und ist damit mehr als doppelt so teuer wie Solarstrom vom eigenen Dach. Nicht umsonst fordern die Betreiber neuer AKWs schwindelerregende Vergütungen, die über 35 Jahre garantiert und noch dazu inflationsangepasst sein sollen. Obendrein fordern sie staatliche Bürgschaften und Garantien, ohne Reaktorrisiken umfänglich abzusichern. Wie auch? Denn schließlich macht das kein Versicherer mit.
Also Schluss jetzt mit der Atomenergie, auch in meiner Rede. Ich komme zu dem, was wir wirklich brauchen: Bezahlbare, nachhaltige und zuverlässige Energie gibt es nur mit Erneuerbaren. Deshalb sprießen derzeit Bürgerenergiegesellschaften aus dem Boden und bieten so Beteiligung für jede und jeden an. Deshalb hat sich die Zahl der Steckersolargeräte rasant erhöht.
Deshalb ringen wir Bündnisgrüne an der Seite der Erneuerbarenakteure um günstigen Solarstrom auch in Städten und Gemeinden als Grundlage für bezahlbares Heizen und günstiges Laden. Deshalb fordern Unternehmen und ihre Verbände den schnellen Ausbau Erneuerbarer, gerade auch in meiner Region in Südwestsachsen. Ich zitiere in Auszügen dazu mit Erlaubnis der Präsidentin aus der Chemnitzer IHK-Zeitschrift:
„In einem gemeinsamen Appell fordern mehr als 60 Unternehmen aus Sachsen von der künftigen Landesregierung einen konsequenten Ausbau grüner Energien …, fordern … politischen Rückhalt für die Energiewende … sowie einen deutlich schnelleren Netzausbau. … Die IHK Chemnitz unterstützt diesen Appell.“
Dem möchte ich heute und hier nichts hinzufügen.
Vielen Dank
Es gilt das gesprochene Wort.
Die Rede kann in der Mediathek des Deutschen Bundestages als Video abgerufen werden.