Bundestagsrede zu steuerlichen Maßnahmen zur Wärmewende

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Seit zehn Jahren die Ambitionen beim Neubau nicht erhöhen, aber der Ampel jetzt Nichthandeln vorwerfen – das ist schon ein starkes Stück von der CSU, Frau Hierl. Das hat mich doch sehr überrascht. Aber zumindest haben wir anscheinend doch Einigkeit darüber, dass es im Wesentlichen um den Gebäudebestand gehen muss; denn dort steckt das größte Potenzial für Einsparungen von Energie. Als Antragstellende haben Sie das gerade noch mal betont.

Aber trotzdem: Der Teufel steckt, wie so oft, im Detail; denn dazu passt es nicht, dass Sie gleich unter Punkt eins eine Sonderabschreibung für Neubau fordern. Dieser Vorschlag löst doch die soziale Aufgabe bei Bestandsgebäuden nicht im Geringsten. Ich möchte es mal etwas plakativ machen: 12,5 Millionen Gebäude stammen aus der Zeit vor 1977, also vor der ersten Wärmeschutzverordnung. Sie verbrauchen zum Teil fünfmal so viel Energie wie Neubauten, und das bei mehrfach gestiegenen Energiekosten. Das ist mörderisch und hat in der jetzigen Situation einen ganz, ganz schalen Beigeschmack. Da müssen wir ran.

Auch wir als Koalition nutzen steuerliche Maßnahmen für wichtige Weichenstellungen bei der Energiewende im Wärmebereich. Auch möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass sich Punkt sechs Ihres Antrags, wie mehrfach erwähnt wurde, inzwischen erledigt hat. Ich möchte das noch mal aufzählen, weil das im Jahressteuergesetz wirklich sehr gut ist: Solarstromanlagen bei Einfamilienhäusern bis 30 Kilowatt kann man komplett ohne jeden Steueraufwand betreiben, bei Mehrfamilienhäusern gilt das sogar bis 100 Kilowatt – „Peak“ ist ein Fachbegriff, den nicht alle unbedingt brauchen, 100 Kilowatt ist dasselbe; die Spitzenleistung ist gemeint -, also in beiden Fällen für quasi alle denkbaren Größen von diesen Gebäuden.

Für die Lieferung und Installation von PV-Anlagen wird im Umsatzsteuerrecht ein Nullsteuersatz eingeführt – welche Anerkennung für die preiswerteste von allen nutzbaren Energieformen. Wie toll! Und: Wer eine Solaranlage im eigenen Haus betreibt, darf sich künftig weiter bei Lohnsteuervereinen beraten lassen. Das sind nur einige Highlights massiver Entbürokratisierung.

Steuerpolitik hat, wenn sinnvoll eingesetzt, durchaus eine positive Lenkungswirkung. Aber auch im Gebäudebereich müssen wir genau hinsehen, dass Steuererleichterungen an den richtigen Stellen, Standorten und für die richtige Zeitdauer fokussiert werden. Ich muss an eines erinnern: Nach der Wiedervereinigung gab es im Osten eine Sonderabschreibung Ost. Die war wichtig zum Anfang, um Anreize zu setzen; aber die wurde so lange fortgesetzt, weil man eben die Lobby bediente und nicht nur Anreize setzen wollte. Wir hatten schon Leerstand in ziemlichen Größenordnungen, da wurde die immer noch fortgesetzt. Steuerpolitik darf nicht Lobbypolitik sein.

Mehr noch: Der Mechanismus hinter den hier vorgelegten Vorschlägen für den Neubau ist sozial ungerecht. Menschen mit dem wenigsten Geld für Investitionen wird damit nicht geholfen; das wurde mehrfach ausgeführt. Eine aktuelle Studie des Öko-Instituts belegt den Zusammenhang von Einkommen und Gebäudezustand: Je geringer das Einkommen, desto häufiger wohnen Menschen in älteren Gebäuden. Gleichzeitig fehlt es gerade diesen Haushalten an finanziellen Mitteln für Investitionen. Was es aber braucht, ist eine starke Bundesförderung, die es auch einkommensschwächeren Haushalten ermöglicht, überhaupt erst Investitionen an Gebäuden zu tätigen. Das ist meiner Überzeugung nach das richtige Instrument. Damit können wir bei der energetischen Modernisierung zielführend entlasten, Verbräuche reduzieren, Ökologie und Soziales zusammenbringen, auch Mieten begrenzen.

Vielen Dank.

Es gilt das gesprochene Wort.

Die Rede kann auch als Video in der Mediathek des Deutschen Bundestages HIER abgerufen werden.

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