Meine Abstimmung zum Klimaschutzgesetz

Heute hat der Bundestag für das Klimaschutzgesetz gestimmt. Dass ich kein großer Befürworter der Novelle bin, ist kein Geheimnis. Die Beweggründe für mein Abstimmungsverhalten möchte ich im Folgenden darlegen. 

Das neue Klimaschutzgesetz (KSG) sieht vor, dass die Nachsteuerungspflicht für einzelne Sektoren, wie beispielsweise beim Verkehr- oder Gebäudesektor, wegfällt. Das ist insbesondere deswegen problematisch, weil gerade bei den beiden genannten Sektoren großer Nachholbedarf besteht und wir viel schneller vorankommen müssen, damit Deutschland bis 2045 klimaneutral wird.  

Eine weitere Änderung beim KSG ist, dass bei der Zielerreichung nach vorne geschaut wird. Es wird jährlich prognostiziert, ob die Ziele bis 2030 erfüllt werden können oder nicht. Langfristig ist dem Klima wenig geholfen, wenn in einem Jahr nur wegen Sondereffekten wie während der Corona-Pandemie 2020 das Klimaziel erreicht, ein struktureller Umbau hin zu mehr Klimaschutz aber verschleppt wird. Der Blick nach vorne ist also grundsätzlich gut, aber es bleibt problematisch, dass diese Überprüfung nicht mehr für jeden Sektorseparat vorgenommen wird. Problematisch ist auch, dass in Zukunft eine Nachsteuerung erst notwendig wird, wenn eine Zielverfehlung in zwei aufeinanderfolgenden Jahren festgestellt wird. 

Immerhin kann sich Verkehrsminister Wissing auch nach der KSG-Novelle nicht darauf ausruhen, dass die Grünen Ministerien ihre Klimaziele schon übererfüllen werden. Im Rahmen europäischer Klimagesetze muss Deutschland ab 2027 für die zu viel ausgestoßenen Emissionen im Gebäude und Verkehr CO2-Zertifikate in Milliardenhöhe einkaufen. Wenn Herr Wissing weiterhin nichts tut, dann wird das die Steuerzahler:innen sogar deutlich mehr als Scheuers Mautdebakel kosten. Zudem muss jede Regierung zu Beginn ihrer Legislatur ein einklagbares Klimaschutzprogramm vorlegen. Erstmalig wird im KSG jetzt festgehalten, dass darin nicht nur die Ziele bis 2030, sondern auch bis 2040 eingehalten werden müssen.

Insgesamt überwiegen jedoch die negativen Aspekte bei der KSG-Novelle deutlich, deswegen fiel mir die Abwägung schwer. Wenn die KSG-Reform geplatzt wäre, hätte dies voraussichtlich das Ende der Koalition bedeutet. Die Folgen für Demokratie und Klimaschutz wären gravierend. Die Gefahr, dass eine neue Regierung nicht mehr, sondern weniger Klimaschutz umsetzen würde, ist sehr real. Die Union hat bereits angekündigt, im Fall eines Wahlsiegs etliche zentrale Klimaschutzmaßnahmen rückabwickeln zu wollen.

Die vielen guten praktischen Maßnahmen, die wir in der Koalition oft gegen beide Koalitionspartnerinnen durchgesetzt haben, wären in Gefahr. Im Stromsektor haben wir unzählige Hürden für ein erneuerbares Stromsystem überwunden, die die Union in den letzten Jahren bewusst aufgebaut hat. Heute haben wir parallel das Solarpaket verabschiedet und es zum Beispiel viel leichter für Mieter:innen gemacht, den günstigen Solarstrom von ihrem Dach zu nutzen. Wir haben das Deutschlandticket eingeführt, den Schienenausbau vorangebracht, den wir über die LKW-Maut finanzieren. Zudem haben wir die Wärmewende eingeleitet.

Es gibt noch weitere Klimaprojekte, die wir in dieser Koalition voranbringen wollen. Im Stromsektor geht es darum, weitere Hürden für den Ausbau von erneuerbaren Energien einzureißen und den Strommarkt und die Stromnetze für ein 100%-ig erneuerbares Stromsystem fit zu machen. Ich werde da einen Fokus auf die Förderung der Bürgerenergie mit Energy Sharing legen. Auch weiterhin werde ich mich für eine ambitionierte Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie einsetzen, denn der Gebäudesektor hinkt seinen Klimazielen ebenfalls hinterher.

In vielen anderen Bereichen wollen wir noch mehr Klimaschutz, als es mit den Koalitionspartnerinnen derzeit möglich ist. Die Widerstände gegen eine echte Wärme- und Verkehrswende gibt es aber leider nicht nur in Berlin. Ich kenne sie auch zu gut aus dem Chemnitzer Stadtrat und aus vielen Gesprächen mit Bürger:innen. 

Dies möchte und werde ich aber so nicht hinnehmen. Gemeinsam mit der Klimabewegung werde ich mich weiterhin unermüdlich für eine breite gesellschaftliche Mehrheit für ambitionierteren Klimaschutz einsetzen, die dann keine Partei auf kommunaler, Landes- und Bundesebene mehr ignorieren kann. 

Nach sorgfältiger Abwägung der oben genannten Argumente habe ich mich schlussendlich entschieden, für die Änderungen des Klimaschutzgesetzes zu stimmen. Ich halte diese zwar inhaltlich für falsch, und habe meine Bedenken offiziell im Bundestag mit einer persönlichen Erklärung zum Ausdruck gebracht. Aber die Gefahr, die für Klima und Demokratie ausgeht, wenn diese Koalition scheitert, halte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt für größer. Es war letztlich die Wahl zwischen zwei schlechten Alternativen, bei der ich mich für die aus meiner Sicht weniger schlechte entschieden habe.

Bildquelle: simonschmid614 auf Pixabay

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